Diese Webseite verwendet Cookies
01.02.2020 | Kommentare: 0
Beitrag per Email empfehlenDas Internet ist voll von Hasskommentaren. Das ruft immer wieder Befürworter einer Klarnamenpflicht auf den Plan. Die Argumentation: Mit dem echten Namen würden Hass und Hetze im Netz nachlassen. Dieses Argument wurde in der Vergangenheit insbesondere auch gegen den Sinzig-Blog vorgebracht, der wohlgemerkt keinen Hasskommentar beinhaltet und gem. Nutzungsregeln zulässt.
In einem bemerkenswerten Gastbeitrag in Focus Online spricht sich jetzt der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber gegen eine solche Pflicht aus – und sieht darin sogar eine große Hürde für die freie Meinungsäußerung.
Im Internet kann man nie wissen, wer wirklich am anderen Ende sitzt. Ein großes Glück, denn so können wir unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion und politischen Ansichten unsere Meinung äußern. Ohne Angst vor Repressionen. Das ist die positive Seite der Anonymität im Internet. Beleidigungen, Drohungen und Hass werden verdächtigt, die dunkle Kehrseite dieser Freiheit zu sein.
Für einige gibt es zur Lösung dieses Problems ein Allheilmittel: die Klarnamenpflicht. Denn wenn man die Übeltäter zumindest beim Namen nennen könne, verzichteten diese vielleicht auf Hass und Hetze. Das ist einerseits naiv, weil Beleidigungen und Feindseligkeit durchaus zunehmend mit Klarnamen veröffentlicht werden. Und gefährlich, weil im Tausch für ein wenig gefühlte zusätzliche Sicherheit einer der Eckpfeiler unser Grundgesetzes gefährdet wird. Denn der Gesetzgeber hat sich nämlich bewusst dafür entschieden, dass Internetangebote weitgehend anonym genutzt werden dürfen, so der Datenschutzbeauftragte. Die Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten Grundrechte unserer Demokratie, sagt das Bundesverfassungsgericht.
Eine Klarnamenpflicht schafft Hürden für denjenigen, der unerkannt eine sachliche Meinung äußern möchte. Hierfür kann es viele Gründe geben. Zum Beispiel den Beruf: Stellen wir uns vor, ein Mitarbeiter eines Flughafens fordert aus ökologischen Gründen weniger Inlandsflüge. Würde er dies öffentlich äußern, wenn sein Name darunter stände? Eher nicht. Der Chef könnte es ja lesen. Und jeder zukünftige Chef genauso.
Selbst die schwächste Form einer Klarnamenpflicht – der Anbieter speichert den Namen nicht öffentlich sichtbar – macht es nicht besser.
Und ein „Jürgen Müller“ kann sich hinter tausenden Namensvettern verstecken.
Quelle: https://www.focus.de/digital/internet/gastbeitrag-von-ulrich-kelber-eine-klarnamenpflicht-im-netz-vertreibt-nicht-den-hass-sondern-unsere-freiheit_id_11614881.html